
Die Migration von einem ERP-System zu einem anderen ist einer der wichtigsten und gleichzeitig komplexesten Schritte in der digitalen Transformation eines Unternehmens. Ob Sie ein veraltetes System verlassen oder von einem kommerziellen ERP zu Dolibarr wechseln – einem modularen und quelloffenen ERP/CRM – der Prozess muss mit Sorgfalt durchgeführt werden, um Datenverluste, Betriebsunterbrechungen oder Vertrauensverluste bei den Nutzern zu vermeiden.
Dolibarr bietet Flexibilität, Benutzerfreundlichkeit und Kosteneffizienz und ist somit eine attraktive Option für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Freiberufler und gemeinnützige Organisationen. Die Migration zu Dolibarr erfordert jedoch einen detaillierten Plan, organisatorische Disziplin und ein tiefes Verständnis des Quell- und Zielsystems. Dieser umfassende Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Daten und Prozesse sicher zu Dolibarr migrieren können, ohne Risiken einzugehen und eine reibungslose Umstellung sicherzustellen.
Dolibarr als Ziel-ERP verstehen
Bevor Sie mit der Migration beginnen, ist es wichtig, die Architektur und Funktionsweise von Dolibarr zu verstehen. Da es modular aufgebaut ist, aktivieren Sie nur die Funktionen, die Sie benötigen. Zu den wichtigsten Modulen zählen: CRM, Fakturierung, Produktverwaltung, Lager, Buchhaltung, Personal, Projekte und POS.
Dolibarr kann lokal oder in der Cloud (z. B. über DoliCloud) betrieben werden, unterstützt mehrere Sprachen und verfügt über eine REST-API für Integrationen. Wenn Sie Ihre Zielumgebung kennen, können Sie Ihre Daten entsprechend strukturieren.
Warum zu Dolibarr migrieren?
Unternehmen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen für Dolibarr:
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Geringere Kosten im Vergleich zu kommerziellen ERP-Systemen
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Mehr Kontrolle und individuelle Anpassungen
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Transparenz durch Open Source
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Aktive Community und reichhaltiges Ökosystem
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Unabhängigkeit von proprietären Anbietern
Diese Gründe bestimmen Ihre Prioritäten während des Projekts.
Häufige Herausforderungen bei ERP-Migrationen
Typische Schwierigkeiten bei der Migration:
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Inkompatible Datenformate (Feldtypen, Beziehungen, Strukturen)
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Fehlende Dokumentation des Quellsystems
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Widerstand der Benutzer gegenüber Veränderungen
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Risiko von Betriebsunterbrechungen
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Mangelnde technische ETL-Kenntnisse
Beugen Sie diesen Problemen mit guter Planung vor.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Migration zu Dolibarr
Schritt 1: Systemanalyse durchführen
Beginnen Sie mit einer umfassenden Analyse Ihres aktuellen ERPs. Erfassen Sie:
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Verwendete Module (Vertrieb, Lager, HR etc.)
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Datentypen (Kunden, Produkte, Rechnungen etc.)
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Datenmenge und Datenbankgröße
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Individuelle Felder und spezielle Logiken
So erhalten Sie eine klare Übersicht über die zu migrierenden Inhalte.
Schritt 2: Zu migrierende Daten definieren
Nicht alle Daten müssen übernommen werden. Entscheiden Sie, was wirklich gebraucht wird.
Typische Daten zur Migration:
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Kunden- und Lieferantenstammdaten
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Produkt- und Dienstleistungskataloge
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Einkaufs- und Verkaufsaufträge
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Rechnungen und Zahlungen
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Buchhaltungseinträge
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Mitarbeiterakten
Altdaten können teilweise ausgelassen werden, um den Aufwand zu reduzieren.
Schritt 3: Feldzuordnung (Mapping)
Das Feld-Mapping ist das Herzstück jeder Migration. Legen Sie genau fest, wie Felder vom alten System zu Dolibarr übertragen werden.
Berücksichtigen Sie:
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Feldnamen und Datentypen
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Pflicht- und optionale Felder
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Dropdown-Werte
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Tabellenverknüpfungen
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Individuelle Felder (extra fields in Dolibarr)
Dokumentieren Sie alles in einer Tabelle.
Schritt 4: Dolibarr vorbereiten
Installieren Sie Dolibarr und aktivieren Sie nur die benötigten Module. Beispiel: Für Rechnungen benötigen Sie CRM, Dritte, Produkte/Dienstleistungen, Aufträge und Rechnungen.
Dann:
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Benutzer und Rechte einrichten
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Währung, Steuer, Sprache konfigurieren
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Standardwerte definieren (z. B. Zahlungsfristen)
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Kategorien und Tags anlegen
Eine saubere Konfiguration sorgt für reibungslosen Import.
Schritt 5: Daten bereinigen und normalisieren
Datenqualität ist entscheidend. Bereinigen Sie:
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Duplikate
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Formatinkonsistenzen (Datum, Zahlen)
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E-Mail- und Adressvalidierung
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Leere oder beschädigte Datensätze
Nutzen Sie UTF-8-Codierung zur Vermeidung technischer Probleme.
Schritt 6: Migrationsmethode wählen
Drei Hauptmethoden:
1. CSV-Import
Dolibarr bietet integrierte CSV-Importe:
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Menü: Tools > Import
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Modul auswählen
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CSV-Datei hochladen (UTF-8)
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Spalten zuordnen
Vorteile:
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Einfach, schnell
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Keine Programmierkenntnisse erforderlich
Nachteile:
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Begrenzte Validierung
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Komplexe Beziehungen schwer umzusetzen
2. REST-API
Verwenden Sie die Dolibarr API für automatisierten Import.
Vorteile:
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Automatisierbar
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Mehr Kontrolle
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Beziehungsmanagement möglich
Nachteile:
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Entwicklungskenntnisse erforderlich
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Langsamer bei großen Datenmengen
3. Direkte Datenbankeinfügung
Nur für Experten geeignet (SQL-Skripte).
Vorteile:
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Höchste Kontrolle
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Sehr schnell bei großen Datenmengen
Risiken:
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Datenbankbeschädigung
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Tiefe Dolibarr-Kenntnisse nötig
In der Regel ist CSV + API die beste Lösung.
Schritt 7: Tests im Sandbox-System durchführen
Erster Import niemals in der Produktion. Sandbox einrichten und Testläufe durchführen.
Prüfen Sie:
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Feldzuordnung
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Datenbeziehungen
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Suchfunktion
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Berichtsgenauigkeit
Wiederholen bis das Ergebnis stabil ist.
Schritt 8: Schulung der Benutzer
Binden Sie die Nutzer früh ein. Bieten Sie gezielte Schulungen an. Themen:
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Navigation
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Dateneingabe/-bearbeitung
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Berichtserstellung
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Genehmigungsprozesse
Erstellen Sie Handbücher und Tutorials.
Schritt 9: Live-Migration durchführen
Nach erfolgreichen Tests und Schulungen:
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Altsystem einfrieren
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Finale Daten exportieren
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Bereinigung und Konvertierung
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Import in das produktive Dolibarr
Go-Live bekanntgeben und Supportteam bereithalten.
Schritt 10: Nachbereitung und Optimierung
Nach dem Start:
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Performance überwachen
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Datenvollständigkeit prüfen
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Nutzerfeedback einholen
Feinjustierungen nach Bedarf durchführen.
Tipps für erfolgreiche Migration
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Projektleitung festlegen
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Beteiligung aller Abteilungen
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Fokus auf Datenqualität
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Jede Phase dokumentieren
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Immer Backups erstellen
Fehler, die vermieden werden sollten
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Zu viele Altdaten migrieren
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Keine Datenbereinigung
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Fehlende Tests
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Zu frühe Skripterstellung
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Vernachlässigte Schulung
Wann Experten beauftragen?
Holen Sie einen Berater, wenn:
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Technisches Know-how fehlt
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Altsystem nicht dokumentiert ist
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Daten schwer zugänglich sind
Ein Experte beschleunigt den Prozess und minimiert Risiken.
Fazit
Die Migration zu Dolibarr ist anspruchsvoll, aber lohnend. Der Schlüssel liegt in der Vorbereitung: Daten analysieren, bereinigen, Felder mappen, testen und Benutzer einarbeiten.
Mit Disziplin, Geduld und den richtigen Tools gelingt der Umstieg reibungslos – für ein flexibles, zukunftsfähiges ERP.